Torsten Steinhoff
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Torsten Steinhoff
Kontroversen erkennen, darstellen, kommentieren
Die Wissenschaft ist kontrovers konstituiert. Dies hat großen Einfluss auf das Schreiben wissenschaftlicher Texte. Es gehört zu den Grundanforderungen des wissenschaftlichen Schreibens, sich mit der Forschungsliteratur auseinanderzusetzen. Um dieser Anforderung gerecht zu werden, bedarf es spezifischer Kompetenzen in verschiedenen Phasen der Textproduktion, über die Studierende nur bedingt verfügen. Befragungen von Studierenden und empirische Untersuchungen an Seminararbeiten zeigen, dass es ihnen überaus schwer fällt, den Sinn und Zweck wissenschaftlicher Kontroversen wahrzunehmen und in ihren Texten entsprechend darzustellen, geschweige denn sich selbst in eine Fachdiskussion einzubringen. Studierende begreifen Wissenschaft zumindest in den Anfangssemestern mehrheitlich als monolithisch wahrheitsorientiert. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, Studierende nicht, wie es weithin üblich ist, einzelne Fachtexte exzerpieren zu lassen, sondern mindestens zwei Fachtexte, die stellvertretend für eine Kontroverse stehen, ausgehend von geeigneten Fragestellungen und orientiert an domänentypischen sprachlichen Mitteln vergleichend lesen, zusammenfassen und kommentieren zu lassen („Minimalmodell des wissenschaftlichen Streits“). Letztlich geht es hier um eine Überlegung, die in ihrer Relevanz über das wissenschaftliche Schreiben hinausreicht und die universitäre Lehre im Allgemeinen betrifft: Welche Möglichkeiten gibt es, Studierende frühzeitig mit der wissenschaftlichen Streitkultur und den zur Partizipation an dieser Kultur erforderlichen kognitiven und sprachlichen Verfahren vertraut zu machen?
Empfohlene Zitierweise: Steinhoff, Torsten (2008): Kontroversen erkennen, darstellen, kommentieren. In: Fest-Platte für Gerd Fritz. Hg. und betreut von Iris Bons, Dennis Kaltwasser und Thomas Gloning. Gießen 28.07.2008. http://www.festschrift-gerd-fritz.de/files/steinhoff_2008_kontroversen_
erkennen_darstellen_und_kommentieren.pdf
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